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 Muhammad Ali

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BeitragThema: Muhammad Ali   Muhammad Ali EmptyMo Feb 22, 2010 3:41 pm

Muhammad Ali
(* 17. Januar 1942 in Louisville, Kentucky
als Cassius Marcellus Clay Jr.)

ist ein ehemaliger US-amerikanischer Boxer. Er wird als einer der größten Schwergewichtsboxer aller Zeiten betrachtet und gilt als herausragender Athlet des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1999 wurde er vom Internationalen Olympischen Komitee zum „Sportler des Jahrhunderts“ gewählt.[1] Auch außerhalb des Boxrings sorgte Ali für Schlagzeilen. So lehnte er öffentlich den Vietnamkrieg ab und unterstützte die Emanzipationsbewegung der Afroamerikaner in den 60er Jahren. International bekannt wurde er vor allem durch provokante Äußerungen und äußerst selbstsicheres Verhalten inner- und außerhalb des Boxrings.
Inhaltsverzeichnis
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* 1 Kindheit und erster Kontakt mit dem Boxsport
* 2 Karriere
o 2.1 Karrierebeginn
o 2.2 Aufstieg und erste Weltmeisterschaft (1964)
o 2.3 Der Rückkampf gegen Liston
o 2.4 Karrierehöhepunkt und Titelverlust (1967)
o 2.5 Comeback (1970–1974)
o 2.6 „Rumble in the Jungle“ (1974)
o 2.7 Titelverteidigungen
o 2.8 Karriereende
* 3 Leben
o 3.1 Bekenntnis zum Islam
o 3.2 Privatleben
o 3.3 Parkinson-Krankheit
o 3.4 Ali in Populärkultur und Medien
* 4 Anerkennungen
* 5 Literatur
* 6 Filmographie
* 7 Einzelnachweise
* 8 Weblinks

Kindheit und erster Kontakt mit dem Boxsport

Clay wurde 1942 als erster von zwei Söhnen geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Eltern benannten ihren Sohn nach dem Politiker und Gegner der Sklaverei Cassius Marcellus Clay. Mit dem Boxtraining begann der zwölfjährige Clay 1954 aus Wut über den Diebstahl seines Fahrrades – er hoffte, den Dieb dadurch bestrafen zu können, wenn er ihn erwischte.[1] Im Alter von 16 Jahren verließ Clay die Schule mit schlechten Noten und konzentrierte sich auf sein Boxtraining.
Karriere
Karrierebeginn

Innerhalb weniger Jahre konnte Clay sämtliche nationalen Amateurtitel erringen. Bei den Olympischen Spielen 1960 gewann er in Rom die olympische Goldmedaille im Halbschwergewicht. Oft wird gesagt, dass Clay, aus Frust über die trotzdem anhaltende Diskriminierung in seiner Heimatstadt, die Goldmedaille in den durch Louisville fließenden Ohio River geworfen habe. Jedoch hat er später Freunden verraten, dass er diese schlicht verlegt hatte.[2] Noch im selben Jahr wurde Cassius Clay Profi.

Clay stellte fest, dass ein Wrestler namens Gorgeous George ein größeres Aufsehen bei Presse und Zuschauern erzielte als ein bescheiden auftretender Nachwuchsboxer wie er. Daraufhin kopierte Clay den Stil von George und lieferte der Presse von nun an immer neues Material in Form von Spottreimen über seine Gegner, Vorhersagen über die Runde seines KO-Sieges („Archie Moore will be on the floor in round four“, „Archie Moore wird in der vierten Runde am Boden liegen“) und anderen Äußerungen.[3] Mit diesem provozierend zur Schau getragenen Selbstbewusstsein wurde Clay schnell berühmt. Weil Clays Vorhersagen über den Ausgang oft zutrafen und die Gegner tatsächlich in den vorhergesagten Runden zu Boden gingen, wurde er des Betrugs verdächtigt. Derartige Verdächtigungen fanden allerdings nie irgendeine Bestätigung.
Aufstieg und erste Weltmeisterschaft (1964)
Muhammad Ali 1967

Im Februar des Jahres 1964 bekam Clay die Chance auf einen Weltmeisterschaftskampf gegen Sonny Liston, nachdem er zuvor Doug Jones und den englischen Europameister Henry Cooper besiegt hatte. Viele Journalisten mochten Clays selbstsichere Art nicht und prophezeiten ihm eine Niederlage gegen Liston, so auch Arthur Daley von der New York Times: „The irritatingly confident Cassius enters this bout with one trifling handicap. He can’t fight as well as he can talk.“ („Der auf lästige Weise selbstbewusste Cassius bestreitet diesen Titelkampf mit nur einem unbedeutenden Nachteil. Er kann nicht so gut kämpfen, wie er reden kann.“).[4]

Trotzdem gewann der mit Sieben zu Eins als Außenseiter gesetzte Clay nach der verletzungsbedingten Aufgabe seines Gegners in der sechsten Runde. In tumultartigen Szenen brüllte Clay nach dem Sieg immer wieder „I shook up the world!“ und „I am the greatest!“ in die Mikrofone. Die Bilder von ihm mit weit aufgerissenem Mund und Augen gingen um die Welt.

Im weiteren Verlauf des Jahres machte Clay seine Mitgliedschaft in der Nation of Islam öffentlich und wählte Muhammad Ali als Namen. Ab 1975 bekannte er sich zum sunnitischen Islam. [5]
Der Rückkampf gegen Liston

Im Rückkampf am 25. Mai 1965 in Lewiston, Maine wurde Liston von Ali bereits in der 1. Runde nach nur 105 Sekunden Kampf vom so genannten „Phantomschlag“ („Phantom Punch“, auch als „Anchor Punch“ bekannt geworden) niedergestreckt, einem kurzen, harten, rechten Cross an Schläfe oder Kiefer,[6] der weder von Liston noch von großen Teilen des Publikums gesehen worden war. Ali schrie daraufhin den am Boden liegenden Liston mit den Worten „Get up, you bum!“ („Komm hoch, du Penner!“) wutentbrannt an und Ringrichter Jersey Joe Walcott zählte zunächst weder an noch aus, da er den wütend bei Liston stehenden und schreienden Ali von diesem wegzudrängen suchte. Der Kampf wurde dann zunächst wieder freigegeben, unmittelbar darauf jedoch beendet, als Nat Fleischer, der Gründer des Ring Magazines, Walcott darauf hinwies, dass Liston schon deutlich mehr als 10 Sekunden am Boden gewesen sei.

Der nur von wenigen Zuschauern gesehene „Phantom Punch“ gab im Verbund mit Listons scheinbarer Unbesiegbarkeit und dessen dubiosen Kontakten zur Mafia vielfach Anlass für Spekulationen über einen möglichen Betrug. Diese wurden andererseits wegen der offensichtlichen Feindschaft zwischen den beiden Boxern bezweifelt, so hatte Liston vor dem ersten Kampf, auf die Provokationen Clays angesprochen, erklärt, dass er die Absicht habe, Clay umzubringen. Auch in seiner Autobiografie wandte sich Ali gegen jede solche Interpretation und erklärte explizit:

„Tatsache ist, dass noch niemals ein Kampf weniger abgesprochen war als dieser.“

– Muhammad Ali: Der Größte. Meine Geschichte. S. 123.

Auch Film- und Fotoaufnahmen beweisen im Nachhinein deutlich, dass Liston von Ali tatsächlich schwer getroffen worden war. Deutlich ist die entspannte Muskulatur von Listons Körper während des Sturzes zu sehen, die seine Bewusstlosigkeit zu diesem Zeitpunkt erkennen lässt.

In dem Augenblick, als Ali wütend und schreiend über dem liegenden Liston steht, entstand eines der bekanntesten Fotos von Ali, geschossen von Neil Leifer.[7] Dieses Foto (eigentlich ein Farbbild, aber als Schwarzweißbild berühmt geworden), nannte sein Biograph David Remnick später „Ali wild und schön (…), vielleicht (…) das nachhaltigste Bild Alis im Kampf überhaupt.“[6]
Karrierehöhepunkt und Titelverlust (1967)

Mitte der 60er Jahre war Ali auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er traf die Beatles und Elvis Presley und verteidigte seinen Titel unter anderem gegen Ex-Weltmeister Floyd Patterson und dann im Frankfurter Waldstadion gegen den deutschen Europameister Karl Mildenberger (Mildenberger machte ihm einige Probleme, er kam bis in die 12. Runde, woraufhin Ali im Anschluss sagte, nie mehr wieder gegen Mildenberger zu boxen), ferner gegen George Chuvalo, Henry Cooper, Brian London, Cleveland Williams, Ernie Terrell und Zora Folley.

Ali war äußerst flink, dazu provozierte er oft die Gegner, indem er die Hände neben den Hüften hängen ließ, anstatt sich zu decken. Seine Beine waren jedoch so schnell und die Hüfte so beweglich, dass er fast jeden Schlag auspendeln konnte. Tatsächlich bekam er kaum Treffer an den Kopf, kokettierte mit seinem Aussehen und prahlte, dass er nach „vielen Kämpfen immer noch so hübsch wie ein Mädchen“ sei. Mit einer rasanten tänzerischen Beinkombination namens „Ali Shuffle“ verblüffte er Gegner und Publikum. Gelegentlich ließ er sich demonstrativ mehrmals hintereinander in die durchtrainierte Seite des Körpers schlagen, ohne dass dies erkennbare Wirkungen zeigte – abgesehen davon, dass der Gegner demoralisiert wurde.[4]

Im April 1967 wurde Ali der Titel aberkannt, nachdem er sich geweigert hatte, den Wehrdienst anzutreten. Er wurde zu fünf Jahren Gefängnis und 10.000 US-Dollar Strafe verurteilt, blieb aber gegen Kaution auf freiem Fuß. Später wurde das Urteil aufgehoben, aber er erhielt keine Boxlizenz mehr. Sein Reisepass wurde ihm entzogen und so musste er drei Jahre inaktiv bleiben. In dieser Zeit trat er viel im Fernsehen auf und äußerte sich dort zu gesellschaftspolitischen Fragen. Finanzielle Probleme traten auf, die er nur dank der Gagen für Fernsehauftritte und Reden an öffentlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel Universitäten, überbrücken konnte.
Comeback (1970–1974)

Erst 1970 durfte Ali wieder in den Ring steigen. Nach zwei Aufbaukämpfen stellte er sich Joe Frazier. Im so genannten „Kampf des Jahrhunderts“ zweier ungeschlagener Weltmeister brachte ihm Frazier am 8. März 1971 seine erste Niederlage bei. Nach der langen Pause präsentierte sich Ali nicht mehr so beweglich wie früher und die jungen Gegner hatten zwischenzeitlich seinen Stil genau studiert.

Ali musste nun von vorne anfangen und sich erst wieder das Recht auf einen neuen WM-Kampf verdienen, indem er alle anderen potentiellen Gegner des Weltmeisters schlug. Im Kampf gegen Ken Norton im März 1973 musste Ali seine zweite Niederlage hinnehmen und erlitt gar einen Kieferbruch, wie sich im Nachhinein herausstellte.

Aber Ali kämpfte weiter, insbesondere in und mit den Medien, indem er seine von früher bekannte Sprücheklopferei fast zur psychologischen Kriegführung ausbaute. So riefen er und sein Betreuer Drew „Bundini“ Brown vor Kämpfen gemeinsam den Wahlspruch „Float like a butterfly, sting like a bee“ („Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene“), der Alis früheren Kampfstil verdeutlichte.

Noch im September 1973 kam es zur Revanche zwischen Ali und Norton. Auch diesmal kämpfte Norton sehr aggressiv und bereitete Ali bis zum Schluss enorme Schwierigkeiten. Doch Ali gelang es in den letzten beiden Runden, dem müde gewordenen Norton gezielte Rechts-Links-Kombinationen zuzufügen. In einer Split Decision entschieden zwei der drei Punktrichter zugunsten von Ali.

Im Oktober 1973 besiegte er den Holländer Rudi Lubbers in Jakarta problemlos nach Punkten.

Im Frühjahr 1974 gewann Ali den umso wichtigeren Rückkampf gegen den inzwischen entthronten Joe Frazier. Hier stimmten die Punktrichter einstimmig für Ali. Somit war der Weg frei für die Herausforderung des amtierenden Weltmeisters Foreman.
„Rumble in the Jungle“ (1974)

Siehe auch: Hauptartikel Rumble in the Jungle

Weltmeister war inzwischen George Foreman, Olympiasieger von 1968. Er war in 40 Profikämpfen ungeschlagen und schlug die meisten seiner Gegner innerhalb weniger Runden KO. Ähnlich wie vor 10 Jahren gegen Liston war Ali der Außenseiter, diesmal zudem mit 32 Jahren der Ältere. Allgemein wurde erwartet, dass Alis Karriere durch einen schnellen und deutlichen KO beendet werden würde. Führende amerikanische Sportjournalisten sahen keinerlei Chance für Ali, diesen Kampf erfolgreich zu bestreiten. Auf einigen Sendern wurden sogar schon Abschiedsbeiträge für den wohl bekanntesten Boxer aller Zeiten ausgestrahlt.

Der Kampf war für den Herbst 1974 in Kinshasa (Zaire, heute: Demokratische Republik Kongo) angesetzt worden und wurde als sogenannter „Rumble in the Jungle“ bezeichnet. Organisiert wurde er vom schwarzen Box-Promotor Don King. Finanziert wurde er größtenteils vom Diktator Mobutu, der den Kampf als Werbemaßnahme für Zaire sowie Afrika nutzte. Der Kampf musste wegen einer Verletzung Foremans um einen Monat verschoben werden, wobei alle Beteiligten im Lande blieben. Während Foreman sich bei den Einwohnern unbeliebt machte, indem er mit einem Deutschen Schäferhund auftrat, was die einheimische Bevölkerung an unliebsame Vorfälle aus der belgischen Kolonialzeit erinnerte, brachte Ali die Einwohner durch Kontaktfreudigkeit und Charisma auf seine Seite. Diese feuerten ihn überall, wenn sie ihn z.B. beim Lauftraining auf den Straßen sahen, mit dem Schlachtruf „Ali, boma ye!“ („Ali, töte ihn!“) an.

Zudem hatte Ali durch die Pause Zeit für psychologische Spielchen, mit denen er Foreman und die Öffentlichkeit zu Stellungnahmen herausforderte. Legendär war die Ankündigung Alis, wieder „zu fliegen wie ein Schmetterling und zu stechen wie eine Biene“. In diversen Pressekonferenzen kündigte der Ex-Champion an, wie er seinen Kontrahenten durch Schnelligkeit und Intelligenz vernichten würde.

Im Kampf selbst, der schließlich am 30. Oktober stattfand, überraschte Ali Gegner und Publikum, wie auch seine eigenen Trainer und Betreuer, durch seine Taktik. In der ersten Runde schlug Ali mehrfach mit der rechten Hand in Form eines „Crosses“ zum Kopf seines jüngeren Kontrahenten. Dies gilt als sehr riskante und fast überhebliche Art, einen Gegner im Boxring zu attackieren, da man bei der Ausführung dieses Schlages keinerlei Deckung auf der rechten Gesichtshälfte hat. In den ersten Pausen, während er in der Ecke saß, wurde ihm offensichtlich bewusst, dass er diesen körperlich überlegenen Gegner unter normalen Umständen nicht bezwingen könne. Zeitzeugen wollen sogar Angst in seinem Blick erkannt haben, als er diesen öfters über die ca. 100.000 Zuschauer schweifen ließ.

Daher änderte er intuitiv seine Taktik: Anstatt – wie früher – durch Schnelligkeit und leichtfüßige Ausweichmanöver zu versuchen, harte Schläge seines Gegners ins Leere laufen zu lassen, ließ er sich nun von Foreman zunächst freiwillig in die Seile drängen und lehnte sich dabei mit dem Oberkörper noch weit nach hinten. Damit war sein Kopf fast immer außerhalb von Foremans Reichweite und den Thorax schützte er durch permanente Deckung seiner Arme. Zudem federten die relativ locker gespannten Seile die Wucht der Schläge zusätzlich ab – diese Taktik ist heute als „rope-a-dope“ bekannt. Während „Big George“ wütend auf ihn einschlug, sprach Ali fortwährend mit ihm und provozierte ihn hörbar mit Sätzen wie: „Ist das alles, George? Ich habe mehr erwartet! Ist das alles, was du drauf hast?“

In den Kampfpausen wurde auf Anordnung des Schiedsgerichts versucht, die Seile zu spannen, doch Ali setzte seine Taktik unbeirrt fort, obwohl ihm sein Trainer ständig zurief, er solle unbedingt weg von den Seilen. Ali suchte jedoch Foremans Nähe und stachelte ihn verbal weiterhin an. Foreman, damals noch jung und ungestüm, nahm die permanente Provokation an und schlug gnadenlos auf Alis Körper ein, ohne jedoch einen entscheidenden Wirkungstreffer zu erzielen. Ali klammerte recht häufig und wich ansonsten allen Schlägen zum Kopf mit Meidbewegungen aus.

Foreman baute bald konditionell ab und Ali konnte sich aus der Deckung heraus mit Kontern nun immer besser in Szene setzen. Etwa ab der 4. Runde begann er – kurz zuvor noch „in den Seilen liegend“ – ab der Mitte der jeweiligen Runden zunehmend mit präzisen und schnellen Kombinationen seinen Gegner zu attackieren. Kurz vor Ende der 8. Runde schlug Ali dann mit zwei schnellen Links-Rechts-Kombinationen und insgesamt neun aufeinander folgenden Kopftreffern Foreman nieder; der letzte und siegbringende Schlag traf diesen an der rechten Schläfe. Foreman taumelte, drehte sich zur Hälfte um seine eigene Achse, und während er zu Boden sank, zeigten die zuckenden Fäuste Alis, dass dieser offensichtlich überlegte, zur Sicherheit noch einen Kopftreffer zu landen, was er aber unterließ. Sein Trainer Dundee sagte in einem späteren Interview einmal, dass „Ali dem Fall dieses Kolosses mit dem unterlassenen Schlag seine dramaturgische Schönheit gelassen habe“. Foreman wurde ausgezählt und Ali war wieder Weltmeister.[8]

Ali hatte den Titel, den man ihm sieben Jahre zuvor letztlich aus politischen Gründen aberkannt hatte, zurückgewonnen und brach damit als zweiter Schwergewichtsprofi nach Floyd Patterson das ungeschriebene Gesetz des Boxens „They never come back“!
Titelverteidigungen

Alis erste Titelverteidigung fand gegen den bis dato relativ unbekannten Chuck Wepner statt. Wepner hielt bis zur 15. Runde durch, verlor allerdings durch Technischen KO. Der Kampf diente später Sylvester Stallone, der Wepner später im Gefängnis besuchte, als Inspiration für den Film Rocky.[9]

Nachdem Ali gegen Ron Lyle und Joe Bugner seinen Weltmeistertitel verteidigen konnte, fand am 1. Oktober 1975 ein Kampf gegen Joe Frazier in Manila (Philippinen) statt, der in Anlehnung an den „Rumble in the Jungle“ „Thrilla in Manila“ genannt wurde. Ali gewann diesen Kampf, da Fraziers Trainer Eddie Futch den Kampf nach der 14. Runde abbrach. Fraziers Augen waren zu diesem Zeitpunkt fast völlig zugeschwollen. Zudem litt Frazier an einer Linseneintrübung, ein bis dahin nicht bekannter Umstand. Kurz nach dem Abbruch des Kampfes, der an einem Nachmittag bei 40° Celsius Hitze ausgetragen wurde, erlitt Ali einen Kreislaufzusammenbruch.

Ein Schaukampf am 26. Juni 1976 in Japan gegen den japanischen Wrestler Antonio Inoki erwies sich für Ali als blamabel, da sich Inoki für den Kampf eine Strategie zurecht gelegt hatte, gegen die Ali kein Gegenmittel fand. Fast den gesamten Kampf bestritt Inoki vom Boden aus, um Ali keine Angriffsfläche zu bieten, und konzentrierte sich allein darauf, nach ihm zu treten. Nach wenigen Runden zeigten sich die ersten blutigen Spuren an Alis Beinen. Nach 15 Runden endete der Kampf mit einem für Ali günstigen „Unentschieden“, da Inoki wegen dreier Fouls drei Punkte abgezogen wurden. Veranstaltet wurde der Schaukampf von Bob Arum. Ali erhielt eine außerordentlich hohe Gage von 6 Millionen Dollar, Inoki nur 4 Millionen Dollar.[10] Wegen der unwürdigen Vorstellung wurde Ali der Titel Boxer des Jahres für das Jahr 1976 nicht zuerkannt, der ihm zuvor vier Mal (1963, 1972, 1974, 1975) verliehen worden war.[11]

1976 gewann Ali zunächst gegen Jean-Pierre Coopman, Jimmy Young und Richard Dunn. Am 20. September 1976 trat Ali gegen Ken Norton an, der ihm große Probleme bereitete und den Kampf nach Ansicht der meisten Journalisten gewann; die Punktrichter votierten jedoch einstimmig für Ali. Die Fernsehübertragung des Kampfes erfolgte in Deutschland durch das ZDF und erreichte eine Einschaltquote von 34 Prozent (ZDF-Jahrbuch 1976).

Nach zwei Titelverteidigungen im Jahre 1977 gegen Earnie Shavers und Alfredo Evangelista, boxte Ali am 15. Februar 1978 gegen Leon Spinks, der zwar Olympiasieger von 1976 im Halbschwergewicht war, aber als Profi erst sieben Kämpfe bestritten und dabei sechs Siege und ein Unentschieden erzielt hatte. Ali nahm Spinks nicht ernst und stieg untrainiert und mit Übergewicht in den Ring; sein unbekannter Gegner nahm ihm völlig überraschend seine beiden Titel ab.

Obwohl die WBC zuerst einen Kampf gegen Ken Norton forderte, gewährte Spinks Ali einen direkten Rückkampf um den Titel der WBA. Genau sieben Monate später, am 15. September 1978, gewann der nun besser trainierte Ali ein drittes und letztes Mal einen Weltmeisterschaftstitel und brach damit Floyd Pattersons Rekord. Er boxte deutlich besser als im ersten Kampf, vor allem aber war Spinks diesmal seinerseits völlig untrainiert, weshalb sein Trainer George Benton während des Kampfes die Halle verließ.

Nach diesem Sieg trat der 36-jährige Ali vom Boxsport zurück. Zu diesem Zeitpunkt war seine Sprache wegen seiner Parkinsonerkrankung bereits undeutlich geworden.
Karriereende

Im Herbst 1980 versuchte Ali zum vierten Mal Weltmeister zu werden, diesmal gegen seinen früheren Sparringspartner Larry Holmes. Der Promoter war Don King. Nach zehn Runden beendete Alis Trainer den Kampf. Danach ließ man Ali in den USA nicht mehr boxen, so dass Alis letzter Kampf gegen Trevor Berbick am 11. Dezember 1981 als „Drama auf den Bahamas“ stattfand. Ali war zu diesem Zeitpunkt bereits von seiner Krankheit gezeichnet und verlor nach Punkten.
Leben

Alis Karriere erlaubte ihm, im Mai 1964 eine Reise durch Ägypten, Nigeria und Ghana zu unternehmen und dort auch Politiker wie Kwame Nkrumah zu treffen.

1964 wurde Ali von der US-Armee als für den Wehrdienst untauglich eingestuft. Diese Einstufung wurde jedoch später revidiert und Ali hätte den Militärdienst antreten müssen, der ihn wahrscheinlich in den Vietnamkrieg geführt hätte. Doch Ali lehnte den Dienst an der Waffe ab, was in den USA als Straftat galt, da es das Recht der Wehrdienstverweigerung in den Vereinigten Staaten nicht gab. Daraufhin wurde er durch Entzug seiner Boxlizenz mit einem Kampfverbot für die USA belegt.
Bekenntnis zum Islam

Nach dem Kampf gegen Liston im Jahr 1964 bekannte sich Clay auch öffentlich zur „Nation of Islam“. Die Gruppe ist eine religiöse, afroamerikanische Organisation, die in den 1950er und frühen 1960er Jahren von Elijah Muhammad und Malcolm X geführt wurde. Cassius Clay legte seinen „Sklavennamen“, wie er sagte, ab und nannte sich ab sofort Muhammad Ali. Am Anfang zeigte Muhammad Ali eine rassistische Einstellung. Dies wird anhand verschiedener Aussprüche deutlich. Beispielsweise sagte er einmal: „Der weiße Mann hat dem schwarzen Mann Alkohol, Drogen und Homosexualität gebracht“. Er änderte seine Haltung offiziell, als er sich 1975 zum sunnitischen Islam bekannte.
Privatleben

1964 heiratete er das Fotomodel Sonji Roi (* 1946, † 2005), nur 41 Tage nachdem er sie am 14. August 1964 kennengelernt hatte. Roi war zuvor zum Islam konvertiert. Die Ehe hielt zwei Jahre und wurde 1966 unter dem Druck des Anführers der „Nation of Islam“ wieder geschieden. Grund war die zu westliche Einstellung von Sonji Roi in den Augen der islamischen Extremisten. 1967 heiratete Ali seine zweite Frau Belinda Boyd (* 1950), mit der er vier seiner neun Kinder hat (Maryum, Muhammad Junior, Rasheeda und Jamillah). 1975 trennte sich Ali von Belinda, nachdem er bereits mehrere Monate ein Verhältnis mit Veronica Porche hatte, die er 1977 heiratete. Ihre gemeinsame Tochter Laila hat sich ebenfalls für eine Karriere als Profiboxerin entschieden, von der zweiten Tochter Hana ist nichts bekannt.

1985 heiratete Ali Lonnie Williams, die er bereits seit seiner Kindheit kannte (Ali war gelegentlich ihr Babysitter) und zusammen adoptierten sie ein Kind namens Asaad. Zu diesem Zeitpunkt war seine Krankheit schon weit fortgeschritten.

Muhammad Ali hat außerdem noch zwei weitere Kinder aus außerehelichen Verhältnissen.
Parkinson-Krankheit
Muhammad Ali mit US-Präsident Ronald Reagan am 24. Januar 1983

Im Jahr 1982 wurde bei Ali das Parkinson-Syndrom diagnostiziert. Oft wird Alis Erkrankung in Zusammenhang mit Boxen gebracht, dies wurde allerdings nie belegt.[12][13] Da seine geistigen Fähigkeiten, wie allgemein bei dieser Krankheit, kaum beeinträchtigt waren, nahm er weiterhin weltweit am öffentlichen Leben teil und setzte sich für wohltätige Zwecke ein. Unter anderem engagierte er sich für die Verständigung zwischen der westlichen und der islamischen Welt, etwa bei Verhandlungen zur Freilassung von Geiseln im Libanon, oder im November 1990 anlässlich eines Besuchs bei Saddam Hussein, woraufhin dieser 15 „menschliche Schutzschilde“ freiließ. Insbesondere seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 tritt er als Botschafter seines Glaubens auf und betont die friedliche Grundhaltung des Islam.
Ali in Populärkultur und Medien

Spätestens seit Mitte der 1970er Jahre ist Ali weltweit bekannt, was sich damals auch auf zum Beispiel die Spielzeuge in deutschen Kinderzimmern auswirkte. Es gab Varianten der Big-Jim-Puppen von Mattel (und Mego), mit denen die Kämpfe Alis gegen Foreman und Frazier nachgestellt werden konnten. In der entsprechenden Comicserie kam es 1978 gar zum Duell „Superman vs. Muhammad Ali“.

1977 wurde der von Tom Gries und Monte Hellman gedrehte Dokumentarfilm Ich bin der Größte veröffentlicht.

Ali machte immer wieder Scherze über sein angeblich bevorstehendes Comeback. Als sein früherer Gegner George Foreman 1994 sensationell nach 20 Jahren wieder einen WM-Titel gewann, kündigte der 52-jährige Ali an, den sieben Jahre jüngeren Foreman noch einmal wie schon 1974 schlagen zu wollen. Irritiert durch die unerwarteten Erfolge Foremans brachten Tageszeitungen diese Meldung tatsächlich im Sportteil anstatt im Panorama.

1996 wurde der Dokumentarfilm When We Were Kings von Leon Gast über die Vorbereitungen des „Rumble in the Jungle“ und die stattgefundenen Konzerte fertiggestellt und mit dem Oscar für die Beste Dokumentation prämiert. Im Jahr 2001 wurde Alis Lebensgeschichte unter dem Titel Ali von Michael Mann verfilmt. Der Hauptdarsteller Will Smith wurde für den Oscar nominiert, das Titellied The World’s Greatest von R. Kelly wurde weltweit ein Hit.

Im Frühjahr 2004 war Muhammad Ali der Star einer Werbekampagne des Sportartikelherstellers adidas, bei dem unter dem Motto „Unmöglich ist nichts“ („Impossible is nothing“) diverse aktuelle Sportler auftraten, darunter auch Fußballstar David Beckham. Der Werbespot „The Long Run“ basiert auf Aufnahmen aus When We Were Kings, die vor dem WM-Kampf 1974 in Afrika gemacht wurden. Ali joggt dabei im Morgengrauen als Anführer einer Gruppe von Sportstars der Neuzeit, die elektronisch einkopiert wurden.

In einem zweiten Werbespot tritt Alis Tochter Laila gegen ihren Vater an, wieder einkopiert in alte Aufnahmen.
Anerkennungen

* 1990 wurde Ali als einer der ersten Boxsportler in die International Boxing Hall of Fame aufgenommen.
* 1996 entzündete Ali das olympische Feuer in Atlanta. Bei dieser Gelegenheit überreichte man ihm auch einen Ersatz für die Medaille von 1960, die er, aus Protest gegen das weiße Establishment, in den Ohio River geworfen haben soll.
* 1999 wurde Ali vom Internationalen Olympischen Komitee zum Sportler des Jahrhunderts gewählt.
* 2005 überreichte US-Präsident George W. Bush Ali die Freiheitsmedaille („The Presidential Medal of Freedom“), die höchste zivile Auszeichnung in den USA.
* 2005 wurde Muhammad Ali als erster US-Amerikaner mit der „Otto-Hahn-Friedensmedaille in Gold“ der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) in Berlin ausgezeichnet – „für herausragende Verdienste um Frieden und Völkerverständigung“.
* 2009 wurde Ali zum ersten Honorary Freeman of the City of Ennis (Irland) ernannt.[14]

Auszeichnungen

* 2003 Bambi
* 2005 Freiheitsmedaille
* 2005 Otto-Hahn-Friedensmedaille in Gold

Literatur

* Muhammad Ali: GOAT – A Tribute to Muhammad Ali (The Greatest of All Time). Taschen Verlag, ISBN 3-8228-1627-2.
* David Remnick: King of the World. Der Aufstieg des Cassius Clay oder: Die Geburt des Muhammad Ali. Berlin Verlag, Berlin 2000 ISBN 3-8270-0339-3.
* Markus Jodl: Muhammad Ali: Black Superman? Versuch einer Demontage. CME Verlag 2002, ISBN 3-8311-3093-0.
* Harald Krämer und Fritz K. Heering: Muhammad Ali. Rowohlt, Reinbek 2001 ISBN 3-499-50643-2.
* Jan Philipp Reemtsma: Mehr als ein Champion. Über den Stil des Boxers Muhammad Ali. 2. Auflage. Rowohlt, Reinbek 2002.
* Dave Anderson: Muhammad Ali. Die großen Jahre. Gebunden, 160 S. mit zahlreichen zum Teil farbigen Fotos, in deutscher Sprache. 2005, ISBN 978-3-89660-256-5.
* Muhammad Ali: Der Größte. Meine Geschichte. Droemer Knaur, München 1976, ISBN 3-426-05600-3.
* Muhammad Ali, Hana Yasmeen Ali: The Soul of a Butterfly: Reflections on Life’s Journey. Simon & Schuster (November 16, 2004).
* Thomas Hauser: Muhammad Ali: His Life and Times. New York [u. a.]: Simon & Schuster, 1991, ISBN 0-671-68892-8.

Filmographie

* 1970 A.k.a Cassius Clay. Dokumentation, USA, 86 Min. (A.k.a. Cassius Clay in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database)
* 1974 Personenbeschreibung: Muhammad Ali – Der lange Weg zurück. Dokumentation, Deutschland, USA, 30 Min., Buch und Regie: Georg Stefan Troller, Inhaltsangabe von Phoenix.
* 1977 Ich bin der Größte. USA, 101 Min. (The Greatest in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database)
* 1996 When we were Kings. Dokumentation, USA, 81 Min. (When we were kings in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database)
* 1997 Muhammad Ali. Die Legende. Dokumentation, 45 Min., ein Film von Ben Wett, Produktion: WDR, Erstsendung: 1997, Inhaltsangabe von Phoenix
* 2001 Ali. (Ali in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database)
* 2008 Soul Power. Dokumentation, USA, 93 Min. (Soul Power in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database)
* 2009 Facing Ali. Dokumentation, USA, 100 Min. (Facing Ali in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database)

Einzelnachweise

1. ↑ a b „rasscass BIOGRAFIEN; Muhammad Ali“ Artikel auf Focus Online.
2. ↑ Muhammad Ali Artikel auf Boxen-Sport.de.
3. ↑ Biography for Muhammad Ali Artikel in der Internet Movie Database.
4. ↑ a b „OOOPS!“ Artikel in Boxing Monthly.
5. ↑ In the Name of Allah, most Compassionate, most Merciful – Muhammad Ali, formerly Cassius Clay im Internet Archive
6. ↑ a b David Remnick: „King of the World“, S. 402.
7. ↑ Farbbild
8. ↑ When we were Kings, Dokumentarfilm Interpretation JanHam.
9. ↑ Vgl. z. B. Reemtsma: Muhammad Ali
10. ↑ The Sweet Science (20. Februar 2005): The Joke That Almost Ended Ali's Career
11. ↑ FAZ.NET (15. Januar 2002): Muhammad Alis wichtigste Lebens-Stationen
12. ↑ Doch kein Parkinson durch Boxen?, Artikel in Scinexx vom 31. März 2008.
13. ↑ Ingo Neumayer: Wie gefährlich ist Boxen für die Gesundheit? Artikel auf www.planet-wissen.de vom 1. Juni 2009.
14. ↑ The Irish Times: Ali made Freeman of Ennis, 1. September 2009 (englisch).

Weblinks
Commons Commons: Muhammad Ali – Sammlung von Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wikiquote Wikiquote: Muhammad Ali – Zitate

* Muhammad Ali in der BoxRec-Datenbank
* Literatur von und über Muhammad Ali im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Muhammad Ali • PICA-Datensatz • Apper-Personensuche)
* Muhammad Ali in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
* Umfangreiche, deutschsprachige Fan-Webseite über Ali
* Thomas Hüetlin: Alis letzter Sieg, Der Spiegel, 6. Oktober 2003, Nr. 41, S. 72–88.
* Gerhard Waldherr: Muhammad Ali. The Greatest, stern, 6. August 2004.
* Vidhya Sethupathy: Muhammad Ali: Eine lebende Legende, sbznet.de, 18. März 2002, Kurz-Bio.


Die Olympischen Ringe
Olympiasieger im Halbschwergewicht (Boxen)

1920: Edward Eagan | 1924: Harry Mitchell | 1928: Víctor Avendaño | 1932: David Carstens | 1936: Roger Michelot | 1948: George Hunter | 1952: Norvel Lee | 1956: James Boyd | 1960: Cassius Clay | 1964: Cosimo Pinto | 1968: Danas Pozniakas | 1972: Mate Parlov | 1976: Leon Spinks | 1980: Slobodan Kačar | 1984: Anton Josipović | 1988: Andrew Maynard | 1992: Torsten May | 1996: Wassili Schirow | 2000: Alexander Lebsiak | 2004: Andre Ward | 2008: Zhang Xiaoping
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BeitragThema: Muhammad Ali: The Greatest   Muhammad Ali EmptyMo Feb 22, 2010 3:44 pm

Muhammad Ali: The Greatest

Er war der elegante Boxer und das narzisstische Großmaul. Er besiegte alle und verlor gegen sich selbst. Er wurde als Cassius Clay Weltmeister und als Muhammad Ali zur Legende.
Gerhard Waldherr
http://www.stern.de/sport/sportwelt/muhammad-ali-the-greatest-528030.html?p=2&postid=2&pr=1

Ein Junimorgen in Berrien Springs, Michigan, Postleitzahl 49103. Das Courthouse mit seinen weißen Säulen, Baujahr 1839, leuchtet in der Sonne, und im Daybreak Café versucht ein junger Vertreter zwei Rentnern billige Sonnenbrillen und Armbanduhren anzudrehen. Die Kellnerin schaut gelangweilt aus dem Fenster. Downtown Berrien Springs besteht aus zwei Häuserblocks mit verblassten Reklamen. Chinesischer Imbiss. Hardware Store. Supermarkt. Der Rest des Ortes verliert sich im Wald.

"Unser Leben", sagt Polizeichef Jim Kesterke, "ist langsam." Die Gehsteige verwaist, auf der Main Street kaum Verkehr. Nur der St. Joseph River wimmelt vor Barschen. "Wenn Fremde auftauchen, dann wegen ihm." Fast täglich bekommt Kesterke Besuch, oft von Prominenten, die fragen, wo er wohnt. Kesterke ruft dann bei seiner Firma an, Greatest of All Time, Inc., kurz GOAT, und fragt, ob es okay ist, sie vorbeizuschicken. Meistens ist es okay. Wie man hinkommt? "Kennen Sie unsere einzige Ampel? Also, dort müssen Sie links, dannÉ" Muhammad Ali lebt am Ende einer schmalen Allee. Da ist ein weißes Farmhaus, eine Scheune, Bäume, ein Teich, von dem aus man den St. Joseph sehen kann. Al Capone soll sich früher versteckt haben auf dem 35 Hektar großen Areal. Heute kann jeder klingeln bei einem Mann, über den sein Manager Bernie Yuman sagt: "Er ist die einzige lebende amerikani-sche Ikone des 21. Jahrhunderts." Thomas Hauser, der eine Biografie über Ali geschrieben hat, nennt ihn einen "Leuchtturm der Hoffnung für alle Unterdrückten". Feuilletonisten verklären ihn seit Jahrzehnten. Drachentöter. Gott der Jugend. Symbol für Mut, Stolz und Freiheit. Norman Mailer schrieb: "Der größte Athlet der Welt war in seinen besten Momenten unser schönster Mann."

"Kein Boxer", sagt der amerikanische Boxhistoriker Bert Randolph Sugar, "hatte eine ähnliche Karriere. Nicht Jack Dempsey, nicht Joe Louis, nicht Rocky Marciano, sie hatten doch kaum große Gegner." Ali hingegen hat Sonny Liston entthront, zweimal den früheren Weltmeister Floyd Patterson zermürbt. Er hat sich drei legendäre Duelle mit Joe Frazier geliefert und den Koloss George Foreman zerstört. Dreimal Weltmeister im Schwergewicht, 56 Siege, 37 Knockouts, nur fünf Niederlagen. Ali hat zwei Generationen von Champions überlebt und die größte Ära des Schwergewichtsboxens dominiert mit seinem revolutionären Boxstil: "Float like a butterfly/Sting like a bee/Your hands can't hit/What your eyes can't see."

Kein anderer Athlet hatte ein vergleichbares Leben. Ali war Boxer und Showman, Popstar und Aktivist, verband als erster Athlet Sport und Politik. Schwarzer Prinz, prügelnder Tänzer, dichtender Wanderprediger. Er war mit dem Bürgerrechtler Malcolm X befreundet, wurde zum Sprachrohr der Nation of Islam und zum Idol der rebellierenden Jugend Amerikas, als er 1967 den Wehrdienst verweigerte und mit den Worten zitiert wurde: "Ich habe keinen Streit mit dem Vietkong." Nun reist er als Botschafter Allahs, alternder Held und kranker Heiliger 200 Tage im Jahr durch die Welt, predigt Liebe, Güte und Toleranz, trifft Staatsmänner und gekrönte Häupter, wirbt für Coca-Cola und Adidas und kassiert 200000 Dollar Antrittsgage.

Es ist ein schlichtes Haus, in dem er wohnt, zwei Stockwerke, offener Kamin und Postermöbel in Pastellfarben im Wohnzimmer. In einem kleineren Gebäude daneben befindet sich sein Büro, dessen Wände gepflastert sind mit Bildern. Die Stationen seines Lebens, konserviert auf Zelluloid. Ali sagte einmal: "Ich weiß, wohin ich gehe, ich kenne die Wahrheit, ich muss nicht sein, wie ihr mich haben wollt, ich bin frei zu sein, was ich will." Als er nicht nach Vietnam ging, wurde ihm der Titel aberkannt, sie wollten ihn für fünf Jahre ins Gefängnis stecken. 1971 hob der US Supreme Court das Urteil auf mit der Begründung, Ali hätte aus Gewissensgründen von der Wehrpflicht befreit werden müssen. Das Schreiben hängt nun gerahmt im Flur vor seinem Büro.

Er sitzt meistens im Büro, wenn er zu Hause ist. Doziert über Widersprüche in der Bibel oder malt mit schwerer Hand seinen Namen auf Autogrammkarten, das Gesicht ausdruckslos, der Blick starr. Morbus Parkinson hat ihn im Clinch. Tremor. Rigor. Akinese. So umschreibt es die Fachliteratur, wenn jemand zur schüttelnden, schlurfenden Mumie wird. Wer erinnert sich nicht an das Stakkato seiner Verse, die fast so rasant flogen wie seine Fäuste? "I wrestled with an alligator/Tussled with a whale/Handcuffed lightning/Threw thunder in jail." Heute zeichnet er mit dem Zeigefinger ein Dreieck in die Luft, wenn er Apfelkuchen bestellt; ein Kreis bedeutet eine Kugel Vanilleeis. Auch sein legendärer Shuffle, das atemberaubende Ballett im Ring, hat ihn verlassen. Er geht, als hätte er Pudding in den Knien und Blei an den Schuhsohlen. "Es ist schwer, ihn zu akzeptieren, wie er jetzt ist", sagt seine vierte Frau Lonnie, die in unmittelbarer Nachbarschaft von Alis Elternhaus in Louisville, Kentucky, aufwuchs. Lonnie ist eine gutmütige, geduldige Frau, die schwärmt, wenn sie erzählt, wie Ali als junger Weltmeister nach Hause kam. "Er hatte diesen Bus, auf dem stand "The Greatest", und nachdem er alle Kinder der Nachbarschaft eingesammelt hatte, fuhren wir durch die Stadt und mussten durch den Lautsprecher rufen, immer wieder rufen: "Du bist der Größte, du bist der Größte!" Er war lustig, liebenswert, charismatisch, großzügig, er war Superman." Noch heute kann es passieren, dass sich ihm wildfremde Frauen an den Hals werfen, obwohl Lonnie daneben steht. "Ich verstehe das, ich war auch immer verliebt in Muhammad."

Als Lonnie ihren Helden wiedertraf, war er bereits krank. Er schämte sich für seinen desolaten Zustand, verweigerte Medikamente, litt unter Depressionen. Erst sein Auftritt in Atlanta 1996 löste die Sperre. Ali entzündete das Olympische Feuer und wurde frenetisch gefeiert. Lonnie: "Den ganzen Abend saß er mit der Fackel im Hotelzimmer, und plötzlich war es okay, krank zu sein." Niemand kann sagen, was die Krankheit bewirkt, doch Hauser ist überzeugt: "Er nimmt alles um sich herum wahr, er kann es nur nicht mehr artikulieren." Manchmal, unvermittelt, haucht Ali: "Gandhi, John F. Kennedy, Malcolm X, Elvis - alle Helden sind tot."

Cassius Marcellus Clay jr. wurde am 17. Januar 1942 in Louisville geboren. Vater Cassius sen. war Schildermaler, ein leutseliger, trinkfester Lebemann, der gern große Reden schwang. Mutter Odessa, gutmütig, geduldig, putzte für Weiße und versäumte keinen Gottesdienst in der Baptist Church. Die Clays waren nicht Mittelstand, wie gern behauptet wird, auch dass sie Nachfahren von Sklaven waren, lässt sich nicht schlüssig belegen. Sie kamen zurecht, mehr war kaum möglich damals in dieser Gegend, die bekannt ist für Bourbondestillerien und Pferdezüchter. "Es war nicht wie im tiefen Süden", sagt Alis jüngerer Bruder Rahaman, "aber wenn wir an einem falschen Platz waren, kamen weiße Jungs und sagten: "Hey, Nigger, was machst du hier?""

Der Polizist und Boxtrainer Joe Martin arbeitete gerade am Sandsack, "als dieses Kid weinend die Treppe herunterkam". Cassius jr. war zwölf, man hatte ihm sein Fahrrad gestohlen. Er würde den Dieb verprügeln, erzählte er Martin, wer auch immer das getan habe. Der sagte: "Gut, dann lernst du besser boxen." Martin erinnert sich: "Er wirkte anfangs nicht besser oder schlechter als die Mehrheit, er war einfach normal." Doch er war "der härteste Arbeiter unter allen Kids, die ich jemals trainierte". Um seine Beweglichkeit zu schulen, ließ er seinen Bruder Steine auf ihn werfen. Rahaman: "Ich konnte ihn nie treffen." Der junge Clay war schmal, ohne nennenswerten Punch, doch schon bald machten seine Reflexe, seine Beinarbeit, seine Körperkoordination die Trainer sprachlos. Sein Jab kam ansatzlos, Schlägen wich er scheinbar mühelos mit pendelndem Oberkörper aus.

Cassius jr. verließ mit 16 die Schule ohne Glanz, trainierte anschließend für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 1960 in Rom. Er war kein guter Schüler, tat sich schwer mit Lesen und Schreiben. Bei seiner ersten Musterung wurde er wegen geistiger Mängel zurückgestellt. Um einen guten Spruch war er jedoch nie verlegen. "Ich habe immer nur behauptet, ich sei der Größte", sagte Ali einmal, "nie, ich sei der Schlaueste." Nachdem er in Rom Gold gewonnen hatte, lief er tagelang mit seiner Medaille im olympischen Dorf herum und unterhielt die Athleten. Man nannte ihn "Louisville Lip". Eine Gruppe weißer Geschäftsleute aus Louisville finanzierte daraufhin Clays Profilaufbahn. Profiboxen war zu dieser Zeit ein Spiegelbild der amerikanischen Gesellschaft. Der Sport wurde kontrolliert von Weißen, schwarze Athleten wurden als Investment betrachtet, verkauft wurden sie mittels Klischees. Boxen war die faszinierendste Bühne des Sports. Football hatte damals gerade erst die Super Bowl erfunden, Leichtathletik hatte nur bei Olmypia Konjunktur, Basketball und Baseball waren noch weit entfernt von millionenschweren Fernsehverträgen. "Bei Mannschaftssportarten gehen die einzelnen Athleten unter, Boxen ist eine Allegorie des Lebens", sagt Sugar, "Schwarz gegen Weiß, Gut gegen Böse, Jung gegen Alt. Der Ring ist eine Welt, in der alles reduziert wird auf den Kern menschlicher Existenz."

Anfang der sechziger Jahre in Amerika. Schwarze Bürgerrechtler werden ermordet. Die Polizei hetzt Hunde auf Demonstranten, hält Afroamerikaner von der Registierung als Wähler ab. Im Süden des Landes werden schwarze Schüler entgegen einem Grundsatzurteil des Supreme Court weiter von weißen Schulen ausgeschlossen. Clay ist 21, als er Martin Luther Kings Marsch nach Washington erlebt und dessen legendäre Rede "I had a dream". Einen Monat später wird eine schwarze Kirche bombardiert, vier kleine Mädchen sterben. Da heißt es bereits, Clay habe seine Goldmedaille weggeworfen, nachdem man ihn in einem Lokal nicht bedienen wollte. Er ist fasziniert von den flammenden Reden des paranoiden, machtbesessenen Muslims Elijah Muhammad, der das weiße Establishment verteufelt und unter anderem behauptet, im Weltall kreise ein Raumschiff, das die Elite der schwarzen Rasse beherberge und am jüngsten Tag Amerika vernichten werde. Als Cassius Clay jr. am 25. Februar 1964 gegen den amtierenden Weltmeister Sonny Liston in den Ring steigt, ist er in den Augen der Öffentlichkeit längst nicht mehr nur der unschuldige Schwätzer aus der Provinz. Man missbilligt, dass er die Runden seiner Knockouts in Reimen ankündigt, hält ihn für arrogant, größenwahnsinnig, wenn er proklamiert: "Ich bin das Amerika, das ihr nicht wahrhaben wollt." Doch er ist bereits so populär, dass ihn die Beatles in seinem Trainingscamp besuchen. Nur deswegen wird er als Herausforderer ausgewählt . Das Duell mobilisiert die Massen, denn Liston gilt als Totschläger, brutal, barbarisch, erbarmungslos. Den Titel hatte er gewonnen durch Knockout gegen Floyd Patterson, einen stillen, bescheidenen Christen, der für Manager und Promoter das Ideal des manipulierbaren Athleten erfüllte. Dieser Liston sollte Clay das Maul stopfen.

Es kam anders. Clay hatte schon vor dem Kampf angefangen, Liston zu attackieren. Er nannte ihn "der Bär", "einfach nur hässlich", "zu alt, um gegen mich zu gewinnen". Er ließ sich fotografieren mit einem Buch über psychologische Kriegsführung. Liston: "Wenn er stehen bleibt und kämpft, bringe ich ihn um, wenn er wegläuft, fange ich ihn und bringe ihn um." Doch Clays Schnelligkeit dominierte, nicht Listons Kraft. Der gab nach der sechsten Runde entnervt auf. Clay sprang auf die Seile und schrie, immer wieder: "Ich bin der Größte, ich bin König der Welt." Kurz darauf gab er bekannt, dass er seinen Namen in Muhammad Ali geändert habe und sich der Nation of Islam anschließen werde, wo er als Priester in Moscheen auftreten und sich um schwarze Kinder kümmern wolle.

Boxen ist ein grausames Geschäft - und Ali war jung, orientierungslos, ungeduldig. Alles, was er kannte, war Boxen. Er sah, wie die Bürgerrechtsbewegung nicht vorankam und interpretierte die gewaltfreie Politik der schwarzen Bürgerrechtsbewegung als Schwäche. Elijah Muhammad bezeichnete Luther Kings Marsch nach Washington als Scheitern, propagierte Rassentrennung und militanten Widerstand und benutzte den eloquenten Boxstar geschickt als Sprachrohr. Ali: "Ich bin ein Fighter, ich glaube an Auge-um-Auge, ich halte nicht die andere Backe hin. Du tötest meinen Hund? Du versteckst besser deine Katze!"

Boxen wurde zu Alis Vehikel. Der Sieg im Rematch mit Liston, der nach einem blitzschnellen Punch in der ersten Runde k.o. ging, stärkte noch sein Ego. Danach quälte er Patterson ("den Hasen") zwölf Runden lang, obwohl er ihn viel früher spielend hätte ausknocken können. "Allah wird auf göttliche Weise Amerika kaputtmachen", sagte er in einem Interview mit dem "Playboy", "wenn Amerika die Schwarzen nicht endlich gerecht behandelt, dann wird es brennen." Die CIA beschattete, die Polizei schikanierte ihn, die US Army korrigierte den Status seiner Wehrtauglichkeit. "Halb Amerika hasste ihn", sagt Sugar, "kein Wunder, dass sie Vietnam zum Anlass nahmen, ihn aus dem Verkehr zu ziehen." Eine Hotelsuite, Essex House, New York, März 2001. Ali im gelben Polohemd. Schwarze Hosen, schwarze Sneakers. Die Abendsonne fällt auf sein Gesicht, während er ein paar Journalisten und seine Entourage mit Zaubertricks und Witzen unterhält. Mit zittrigen Fingern zieht er ein Seidentuch aus einem Plastikdaumen. Als jemand Joe Frazier erwähnt, stellt er sich schlafend. Sagt: "Schwarzer, Mexikaner, Puerto-Ricaner im Fond eines Autos - wer fährt?" Jeder weiß, was kommt. Der Klassiker seines Programms: "Polizei." Als er müde wird, stehen alle in Ehrfucht und Rührung. Ali blickt stumm aus dem Fenster in den Central Park, die Hochhäuser zerfließen zu Schemen.

Man weiß nie, was er sieht. Erkennt er New York, wo er elf Kämpfe bestritt? Es ist ein kühler Abend, genau wie damals, im März 1971, Madison Square Garden. Alis erster Fight mit Joe Frazier, der ihn als Welt-meister beerbt hatte während Alis dreieinhalb Jahre dauernden Sperre. Sie nannten es "The Fight of The Century". Fünf Millionen Dollar Börse. Frank Sinatra machte Fotos für "Life Magazine", Burt Lancaster arbeitete fürs Radio, Diana Ross besuchte Ali in seiner Umkleidekabine. Ganz Amerika fieberte, weltweit saßen 300 Millionen Menschen vor dem Fernseher. Bis zur letzten Runde war der Ausgang des Kampfes offen. Doch dann lief Ali in einen fürchterlichen linken Haken Fraziers, ging zu Boden, verlor nach Punkten. Während die Zuschauer die Arena verließen, standen in der U-Bahn-Station unter dem Garden bereits die Graffiti: "Ali lives".

Alle Helden sind tot. Ali lebt. Kein Rückschlag, keine Niederlage hat ihn gebrochen. "Den besten Ali haben wir nie gesehen", sagte Angelo Dundee, sein Trainer. Die Sperre kostete ihn Millionen und die besten Jahre seiner Karriere. Seine Beine waren nie wieder so flink danach, sein unerschütterliches Selbstbewusstsein war angeknackst. Nach der Niederlage gegen Frazier verlor er gegen Ken Norton, der ihm den Kiefer brach. Er musste noch mal gegen Frazier boxen, der inzwischen gegen Foreman verloren hatte, und bis 1974 warten, ehe er wieder eine Chance auf den Titel bekam.

Doch nicht nur seine Fähigkeit, Niederlagen wegzustecken und wieder nach oben zu kommen, machen Ali unsterblich. Bernie Yuman, der als Manager auch Siegfried und Roy betreut, erinnert sich an seine erste Begegnung mit Ali. Es war 1962, Yuman war 13 und drehte Runden auf einem Sportplatz in Miami Beach. Irgendwann überholte ihn dieser schöne, junge Schwarze, den er nie zuvor gesehen hatte. Yuman: "Er blickte mir in die Augen, wie nur er es kann, da war pure Spiritualität in diesem Mann." Ali nahm den weißen Jungen mit in sein Gym, stellte ihn später Malcolm X vor mit den Worten: "Sein Herz ist so schwarz wie unseres." Yuman sagt: "Er hat sich immer um die Schwachen, die Schüchternen, die Außenseiter bemüht, er wollte allen Mut und Hoffnung geben, auch in der Zeit, als er seine größten Fehler begangen hat. In hundert Jahren werden die Leute noch wissen, was dieser Mann getan hat."

Juni 2004. Ein Apartment auf der Upper West Side, New York. Vor Boxmemorabilien und -plakaten sitzt ein älterer Mann mit Brille und erzählt von Afrika. Leon Gast hat den Film "When We Were Kings" gedreht, der den Kampf zwischen Ali und Foreman 1974 in Kinshasa dokumentiert. Diktator Mobutu Sésé Séko hatte zehn Millionen Dollar offeriert für das Duell, das arrangiert wurde von Promoter Don King. Zwei Fürsten der Finsternis schufen die Bühne für einen der größten Fights aller Zeiten. "Rumble in the Jungle", das Poltern im Busch. Gast wird nicht müde zu erzählen, wie Ali am Kongo joggte, wie er systematisch ganz Kinshasa gegen Foreman aufstachelte. "Ali - bomaye!", skandierten sie, wo auch immer er auftauchte, Ali, bring ihn um! Und Ali gab mit geballter Faust den Takt an. Er sagte: "Ein Mann ohne Vorstellungskraft hat keine Flügel." Und er prophezeite:

"Nicht nur George Foreman wird fallen, Berge werden einstürzen." Foreman fallen? Diese Urgewalt in kurzen Hosen? Foreman konnte Löcher in Sandsäcke hauen. Keiner glaubte, dass Ali sein Bombardement überleben würde. Norman Mailer erzählt in Gasts Film: "Seine Umkleidekabine war wie eine Leichenhalle. Ali fragte: "Warum sind alle so traurig? Ich werde tanzen." Als keiner reagierte, fragte er: "Was werde ich tun?" Stille. Und endlich sagten seine Betreuer: "Du wirst tanzen, du wirst tanzen." Ali: "Genau, ich werde tanzen, ich werde tanzen."" Mailer: "Ich schwöre bei Gott, wir hatten Tränen in den Augen." Und dann ging Ali raus in die laue Nacht und ließ sich verprügeln, bis Foreman müde war - und schlug dann zurück. K.o. in der achten Runde. Foreman fiel, Zaire tobte, und Ali stand im Morgengrauen am Kongo und erklärte Kindern, dass Stolz mehr bedeutet als Geld.

"Als ich aus Afrika zurückkam", sagt Leon Gast, "habe ich mein Leben verändert, ich glaubte an mich, glaubte, alles sei möglich, ich kenne niemanden, der nicht inspiriert wurde von Ali." Er wundert sich noch heute, wie Ali gegen Foreman gewinnen und elf Monate später sein drittes Duell mit Joe Frazier überleben konnte. "Thrilla in Manila": Zwei alternde Champions, die durch 14 barbarische Runden gingen, ehe Fraziers Trainer das Handtuch warf. Ali zu seinen Betreuern: "So muss es sich anfühlen zu sterben", und Frazier sagte: "Mann, ich habe ihn mit Schlägen getroffen, die Stadtmauern einreißen würden."

Es schmerzt Frazier bis heute, dass ihm Ali entkommen ist. Keinen Widersacher hat Ali außerhalb des Rings mehr gedemütigt als Smokin' Joe, den Sohn eines bitterarmen Kleinbauern und Schnapsbrenners aus South Carolina. Er nannte ihn "Gorilla", nannte ihn "hässlich", "ignorant" und verunglimpfte ihn als "Uncle Tom", Synonym für einen feigen Schwarzen, der sich immer noch versklaven lässt. "98 Prozent meiner Leute sind für mich", sagte Ali vor dem Kampf des Jahrhunderts, "wenn ich gewinne, gewinnen alle, wenn ich verliere, verlieren sie." "Die Leute fragen mich, ob er mir leid tut, nachdem es ihm jetzt nicht mehr so gut geht. Nein. Tut er mir nicht", schreibt Joe Frazier in seiner Biografie "Smokin' Joe": "Sie wollen, dass ich ihn liebe, aber ich mache sein Grab auf und beerdige seinen Arsch, wenn Gott beschlossen hat, ihn zu holen." Frazier ist ein überraschend kleiner Mann. Bullig, ruppig, verklemmt. Er kann bis heute nicht verstehen, warum er zu einer Randfigur von Alis Legende degradiert wird. Wenn man ihn besucht in seinem Gym in Philadelphia, 2917 North Broad Street, dann muss man das Gespräch behutsam choreografieren. Beim Namen Ali ballen sich ihm immer noch die Fäuste. Es war Frazier, der Ali Geld geliehen hatte, als der gesperrt war. Es war Frazier, der Ali die Rückkehr ins Rampenlicht ermöglichte. "Wir waren Freunde, er war mein Bruder." Einmal nahm Joe ihn im Auto mit und als sie ausstiegen, rief Ali: "Hier ist Joe Frazier, Ladys und Gentlemen! Er hat meinen Titel! Er ist nicht der Champ, er ist der Holzklotz!" Frazier seufzt: "Das Geld war immer auf der Seite des Schmetterlings, meine Aufgabe war es bloß, den Schmetterling herunterzuholen. Sie sagen, er hat Parkinson, ich sage, er hat Frazieritis."

"Alis Abgründe kennt heute keiner mehr", sagt sein Ghostwriter Hauser. Das Großmaul wird zum Gutmenschen stilisiert. Der Kölner Taschen Verlag hat unlängst ein monströses Werk veröffentlicht: "GOAT" - 830 Seiten, 50 mal 50 Zentimeter, 29 Kilo schwer, 10000 Stück limitierte Auflage, 3000 Euro. Die meisten Bilder stammen von Alis altem Freund Howard Bingham, die Textbeiträge sind Elogen. Adidas hat am Berliner Alexanderplatz anlässlich einer Werbekampagne das mit 4000 Quadratmetern größte Werbeplakat der Welt enthüllt. Hauser: "Die wollen Turnschuhe verkaufen, nicht Alis Widersprüche ergründen." Alis ehemaliger Sparringspartner Larry Holmes meint: "Er war kein Heiliger, er konnte großzügig und lustig sein, aber auch gemein und erniedrigend zu Menschen, die ihm nahe standen." Norman Mailer: "Er war Amerikas Superego." Ali war immer ein wandelnder Widerspruch. Mimte den Helden für die Kameras und maskierte damit oft nur seine Ängste. Machte den Clown vor Kindern in Krankenhäusern und vernachlässigte seine eigenen. Er ließ sich von seiner ersten Frau Sonji scheiden, weil sie sich zu aufreizend kleidete, betrog seine zweite Frau Belinda. Für ihn galten keine Vorschriften, keine Regeln, keine Verbote. Zu fast jedem seiner legendären Statements gibt es eines, das diesem widerspricht. Er wechselte seine Standpunkte nach Belieben. "Er sagte einfach, was ihm gerade einfiel", erzählt der Journalist Robert Lipsyte, der dabei war, als der berühmte Satz über den Vietkong fiel, "von Vietnam hatte er keine Ahnung." Als Malcolm X Elijah Muhammads Führungsanspruch infrage stellte und drohte, die Nation of Islam zu spalten, stellte Ali sich auf Muhammads Seite und ließ Malcolm X fallen. Kurz darauf wurde Malcolm X ermordet.

In den letzten Jahren seiner Boxlaufbahn war von seiner Brillanz nicht mehr viel zu spüren. Er war wie ein Stück Seife, das noch schäumt, obwohl es fast verbraucht ist. Ali verlor seinen Titel 1978, gewann ihn einige Monate später noch mal zurück, doch seine Sprüche und Verse waren nur noch Phrasen, die Psychotricks funktionierten nicht mehr. Ein Reporter von "Esquire" fragte, was ihm klar geworden sei, als er mit 38 noch mal ein Comeback wagte und von Larry Holmes verprügelt wurde, im einzigen Fight, den er durch vorzeitigen Abbruch verlor. "Bleib zu lange", antwortete Ali, "und man versohlt dir den Hin- tern." Bei seinem letzten Kampf, 1981 auf den Bahamas gegen einen gewissen Trevor Berbick, den heute keiner mehr kennt, lag er wehrlos und gedemütigt in den Seilen. Der letzte Gong, den der Größte im Ring hörte, kam von einer Kuhglocke. Alle großen Männer, sagt man, sterben zweimal. Ali ist 62. Er trägt jetzt einen Schnurrbart und hat graue Strähnen im Haar. Im Innern ist er wach, aber die Flügel sind erlahmt.

In Momenten der Not im Ring erinnerte sich Ali immer an eine Vision, die er zum ersten Mal als Amateur hatte: Er lag angeschlagen am Boden und sah sich gefangen in einem roten Raum. Alligatoren spielten Gitarre, Bären bliesen Trompete. An der Wand hing ein Zauberer an einem Kleiderbügel. Er schlüpfte in das Kostüm des Zauberers, verließ den Raum, kam wieder zu sich und gewann den Fight.
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BeitragThema: Alis letzter Sieg   Muhammad Ali EmptyMo Feb 22, 2010 3:48 pm

L E GE N DEN
Alis letzter Sieg
Für ihn standen Menschen aller Kulturen mitten in der Nacht
auf, bis heute ist Muhammad Ali ein Liebling der
Menschheit. Er boxte wie kein anderer, er redete wie Osama Bin
Laden, und jetzt kämpft der Parkinson-Kranke
gegen Mächte, die stärker sind als er.
Von Thomas Hüetlin


Der Rodeo Drive in Beverly Hills,
Los Angeles, ist eine der teuersten
Einkaufsstraßen der Welt – so teuer,
dass sogar die Bürgersteige mit Marmor
gepflastert sind.
Bei 28 Grad im Schatten stapfen die Leute
an den Schaufenstern von Tiffany und
Bulgari vorbei, getrennt nur durch die Farbe
der Kreditkarten – in die Kaste jener,
die wirklich shoppen, und jener, die ihnen
dabei zuschauen dürfen.
Es ist kurz nach halb vier an einem Donnerstagnachmittag,
als diese Apartheid des
Turbokapitalismus zusammenbricht.
Schuld daran hat ein Mann, der sich für
zwei Tage im „Beverly Wilshire“-Hotel einquartiert
hat und jetzt einen Spaziergang
unternimmt. Der Mann heißt Muhammad
Ali, er trägt eine schwarze Hose, ein
schwarzes Hemd, und sein Gang wirkt, als
hätte jemand die Gummisohlen seiner
schwarzen Schuhe in Klebstoff getaucht.
Aber 20 Meter genügen. 20 Meter von
Muhammad Ali reichen, um diese Show
des Protzes auf den marmornen Bürgersteigen
zu unterbrechen und ein Lächeln
der Demut in die Gesichter der Menschen
hüpfen zu lassen. Sie bleiben stehen, wollen
ein Foto, ein Autogramm. Und sie wollen
ihn umarmen.
Ein Mann namens Takakasi, Sushi-Chef
aus Tokio, drückt sich an Alis Brust, sagt:
„Für mich bist du der Champion
– immer noch.“ Ein
Mädchen mit einer Chanel-Tasche
gibt Ali einen Kuss, sagt:
„Ali, I love you.“ Ein Typ aus
Ägypten greift Alis Hand, flüstert:
„Allah sei mit dir.“ Und
dann ist da noch Peter aus Detroit,
Chef einer Putzkolonne.
Peter trägt blaue Sandalen,
blaue Shorts und hat die Figur
eines Big Mac. Ali albert mit
ihm herum. Hält, als Peters Frau
auf den Auslöser drücken will,
Peters weiße Faust auf seine
braune Nase. „Nein“, ruft Peter,
„nein, Champ, tu das nicht. Ich
will kein Foto, auf dem ich dich
schlage, nicht einmal im Spaß.
Ich will dich nur drücken.“
Die Menge wächst weiter, die ersten
Autos stoppen. Und Ali, der Mann, dem
die Parkinson-Krankheit das Gesicht hat
starr werden lassen wie eine Maske, was
tut Ali? Er steht vor dem Laden von Ermenegildo
Zegna und zaubert. Zaubert!
Er hält den Zeigefinger vor den Mund,
und als es still ist, dreht er sich um und hebt
ab. Schwebt etwa vier Zentimeter über
dem Boden. „Oh“, wispern die Leute, als
wollten sie Ali endgültig zum Heiligen ausrufen.
„I tricked you“, flüstert Ali, er hat
sie reingelegt. Dann erklärt er sein Kunststück.
„Man darf die Leute unterhalten“, sagt
Ali später im Hotel, „aber niemals täuschen.“
Peter aus Detroit wirkt auch Minuten
nach Alis Auftritt, als wäre er von einer
guten Fee verzaubert. „Damals, in den
Sechzigern, haben viele Menschen Ali
einen Angeber geschimpft, aber das war
damals falsch und ist es noch heute. Denn
Ali hat nie etwas versprochen, was er nicht
halten konnte.“
Der berühmteste Boxer aller Zeiten ist
mehr als nur der berühmteste Boxer aller
Zeiten – er wurde zu einem der meistfotografierten
Menschen, zu einem Idol wie
John F. Kennedy, wie Elvis Presley, Marilyn
Monroe oder Ché Guevara.
Wenn er den Ring betrat, ging es um
mehr als um Schläge. Da verteidigte einer
Fortsetzung--->
http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=28781108&aref=image035/E0340/ROSP200304100720088.PDF&thumb=false
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BeitragThema: Bilder vom "Grössten"   Muhammad Ali EmptyMo Feb 22, 2010 3:53 pm

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