Markenrecht: Abercrombie & Fitch säubert deutschen Markt
Damit hatte Kurt Hauser (Name geändert) nicht gerechnet: Zwei Monate lang verkaufte der Privatmann stapelweise T-Shirts und Pullover der US-Bekleidungskette Abercrombie & Fitch über Ebay – durchschnittlich zwölf Stück pro Woche, wie er zu Protokoll gibt. Die Nachfrage war gewaltig.
von C. Schlautmann
DÜSSELDORF. Schließlich hält Pro-Sieben-Moderator Stefan Raab nahezu allabendlich den Markenschriftzug seines „A&F“-Schlabberhemds in die Kamera. Auch Sat1-Kollege Kai Pflaume und Bayern-Torhüter Oliver Kahn kleiden sich gern mit den bunten Sweatshirts, nach denen in den USA vorwiegend gut betuchte College-Kids verlangen.
Doch dann flatterte Hauser eine Abmahnung der Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei Dr. Winterstein Dr. Ruhrmann ins Haus. Die neben der strafbewehrten Unterlassungserklärung geforderte Kostenerstattung von 2 080 Euro, die der Hobbyhändler nun zahlen soll, ist ihm bis heute ein Rätsel. „Ich habe die Artikel, die ich wiederverkauft habe, doch auch bei Ebay ersteigert“, erzählt er.
Zahlen muss Hauser trotzdem, falls er keine Einstweilige Verfügung riskieren will – und mit ihm rund 400 weitere Ebay-Anbieter von Abercrombie-Textilien. Nur wer auf dem Internetbasar monatlich weniger als zehn Artikel der US-Marke anbot und damit nicht in den Verdacht des gewerblichen Handels geriet, blieb verschont. Eine „riesige Sauerei“ sei das, machte vergangene Woche ein Betroffener in Ebays Internetforum seinem Ärger Luft. Ein anderer mokierte sich dort lauthals über die „dreisten Machenschaften“ der Abercrombie-Anwälte.
Was den offenbar Ahnungslosen entgangen ist: Mit dem Verkauf der begehrten T-Shirts haben sie sich gründlich im internationalen Markenrecht verheddert. „Solange ein Markenhersteller seine Ware nicht in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum vertreibt, kann er dort den Handel mit seinen Artikeln unterbinden“, erläutert Jörg Dittrich, Rechtsanwalt bei der auf Ebay-Fragen spezialisierten Kanzlei Schlömer & Sperl. Wer sich als Händler den Verkauf solcher Markenartikel nicht direkt beim Hersteller autorisieren lässt, riskiere eine Abmahnung.
Zu diesen Herstellern zählt auch Abercrombie & Fitch. Bislang betreibt das Unternehmen seine hoch profitablen 410 Abercrombie-Filialen und 390 Hollister-Läden, die 2005 zusammen zwei Mrd. Dollar umsetzten, ausschließlich in den USA.
In Deutschland traf der Bannstrahl selbst renommierte Handelsbetriebe. Nicht nur Läden im Einkaufszentrum Centro Oberhausen sowie dem Leipziger Spezialhändler Roadrunna untersagten die Amerikaner den Verkauf, per Anwaltsschreiben stoppten sie in Frankfurt sogar eine gesamte Kollektion von Peek & Cloppenburg, die sich der Düsseldorfer Handelskonzern über einen Großhändler beschafft hatte. Schlimmer noch erging es Peek & Cloppenburg in Hamburg. Das mit den Düsseldorfern namensgleiche Handelshaus hatte 1988 als Herrenbekleidungs-Eigenmarke das Label „Abercrombi & Fitch“ – ohne „e“ am Ende des ersten Namens – auf den Markt gebracht. Doch vor einem Jahr traten die Hamburger auf Druck des amerikanischen Rechte-Inhabers den Rückzug an. Dabei hatten Abercrombie & Fitch die Markenrechte in Europa erst 1990 – und damit zwei Jahre nach P&C – eintragen lassen. „Auf einen Streit wollten wir es lieber nicht ankommen lassen“, sagte eine Vertriebsmitarbeiterin.